5 Buchtipps zum Nachdenken, Berühren lassen und Schmunzeln – so bunt wie der Herbst

Der Herbst ist da, die Blätter fallen und die Tage werden kürzer. Es ist die Zeit des Jahres, in der wir mit einer Tasse warmem Tee oder duftendem Kaffee in unsere gemütliche Couchecke einsinken, um ein gutes Buch zu lesen. Doch warum dieses Jahr nicht etwas mutiger sein und sich mit den Themen auseinandersetzen, die zwar oft schwer fallen, uns aber auch hin zu den existentiellen Fragen des Lebens stupsen: die Endlichkeit, der Tod und das Sterben?


Die Inhalte dieses Blogartikels:


    Was nicht gerade nach dem üblichen herbstlichen Lesevergnügen klingt, könnte dennoch nicht passgenauer sein: Der Herbst erinnert uns mit seinen farbenprächtigen Blättern, die im leisen (oder stürmischen) Wind von den Bäumen segeln, daran, die Wärme des Sommers freizugeben. Im natürlichen Verlauf der Jahreszeiten könnte es keine stimmigere Zeit geben, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Eine Zeit des Innehaltens, der Reflexion und des Loslassens – und dabei können uns Bücher helfen, uns mit den Gedanken und Gefühlen rund um die Endlichkeit vertraut zu machen.

    Am Ende einer jeden Buchbeschreibung erzähle ich dir unten im Artikel auch auf welche Weise oder wo ich das Buch entdeckt habe.

    Fünf Bücher stehen etwas schräg auf einer weißen Fläche

    Deshalb habe ich für dich fünf Buchtipps zusammengestellt, die sich auf ganz unterschiedliche Weisen mit dem Thema Vergänglichkeit und Tod beschäftigen. Sie sind nicht nur informativ, sondern auch berührend und einfühlsam. Sie reichen von philosophischer Betrachtung bis hin zu persönlichen Erfahrungen und bieten eine facettenreiche Perspektive auf ein Thema, das uns alle betrifft. Jedes einzelne Buch läd auf seine ganz eigene Weise dazu ein, deine Gedanken schweifen zu lassen und einen neuen Blickwinkel auf das Leben UND den Abschied zu bekommen:

    1. Letzte Begegnungen von Hannah Haberland
      Ich zeige dir das Buch, das mein eigenes, unendlich geglaubtes Leben endlich gemacht hat und dich in intime Momente der Begegnung zwischen Sterbenden und ihren Liebsten entführt.

    2. Ente, Tod und Tulpe von Wolf Erlbruch
      Ein wunderschön illustriertes Buch (auch für Kinder), das die philosophische Reflexion einer kleinen, pfiffigen Ente über ihren Weggefährten Tod und das Leben einfängt. Es wird dich mit seiner Zartheit und Tiefe berühren – dessen bin ich mir sicher.

    3. Ausleben von Mena Kost und Annette Boutellier
      Die bewegenden Biografien alter, hochbetagter Menschen, die auf ihr Leben zurückblicken und gleichzeitig die letzte Etappe noch vor sich haben. Die Sichtweisen voller Hoffnung und Hingabe ans Altwerden, aber auch die Hoffnungslosigkeit werden dich dazu inspirieren, dein Leben in vollen Zügen zu genießen.

    4. 5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen von Bronnie Ware
      Eine wertvolle Lektion über Reue und den kostbaren Wert der Zeit. Es ist eine Sammlung von Erkenntnissen im Leben stimmige Prioritäten zu setzen.

    5. 99 Fragen an den Tod – Leitfaden für ein gutes Lebensende von Prof. Dr. Claudia Bausewein und Rainer Simader
      In Frage-Antwort-Form bieten eine der führenden Palliativmedizinerinnen Deutschlands und ihr Co-Autor einen umfassenden Überblick über alle möglichen Fragen von Sterbenden, Angehörigen und alle, die es noch werden wollen.


    Hannah Haberland – Letzte Begegnungen

    Das Buch Letzte Begegnungen von Hannah Haberland liegt auf einer weißen Fläche in einem Licht-Schatten-Spiel

    Manchmal hört man den Satz „Wir können nichts mehr für Sie tun“. An dieser Stelle beginnt der Weg von Palliativmediziner:innen, denn der Satz sollte eigentlich lauten „Wir können Sie nicht heilen, aber wir können eine ganze Menge für Sie tun.“

    Hannah Haberland, eine junge Fachärztin mit Weiterbildung zur Palliativmedizinerin, gewährt in ihrem Buch „Letzte Begegnungen“ einen beeindruckend ehrlichen und berührenden Einblick in ihren Alltag als Teil eines multidisziplinären Teams, das Menschen mit unheilbaren Erkrankungen bis zu ihrem Lebensende zuhause in ihrem gewohnten Umfeld betreut. Sie arbeitet in einem ambulanten Palliativteam, der sogenannten Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung – kurz SAPV – und begleitet zusammen mit Pflegekräften Menschen in ihren letzten Tagen und Wochen.

    Sie erzählt in acht Kapiteln die Geschichten ihrer Begegnungen, die sie als Ärztin besonders berühren – aus traurigen, heiteren oder skurrilen Gründen. Sie berichtet lebendig und mit viel Leichtigkeit, dass sie als Palliativmedizinierin ihren Patient:innen, aber auch den An- und Zugehörigen wahnsinnig viel geben kann: Symptomkontrolle, Unterstützung, Stabilität und die Sicherheit, dass die Patient:innen und ihr Umfeld keine Angst haben und sich nicht alleine gelassen fühlen müssen. Ein SAPV-Team unterstützt egal zu welcher Uhrzeit rund um die Uhr.

    Das Buch “Letzte Begegnungen” war das allererste Buch, das ich zum Thema Palliativversorgung gelesen habe. Nachdem ich aus heiterem Himmel in meinem engen Umfeld von einer Tumordiagnose erfuhr und kurze Zeit später während einer langen Autofahrt gespannt einem Radiointerview mit Hannah Haberland lauschte, googelte ich einfach mal so den Begriff „Hospiz“. Was dann folgte, war das Eintrittsticket für einen für mich ganz neuen Blickwinkel, der meine darauffolgenden Jahre sehr prägte: ich begann meine Ausbildung zur ehrenamtlichen Hospizbegleiterin.

     

    Wolf Erlbruch – Ente, Tod und Tulpe

    Das Buch Ente, Tod und Tulpe von Wolf Erlbruch liegt auf einer weißen Fläche in einem Licht-Schatten-Spiel

    “Ente, Tod und Tulpe” ist ein Buch, das den Tod ins Leben holt und als jemanden beschreibt, der zwar das Leben beendet, uns jedoch liebevoll wärmt, weil er uns kennt – wenn wir vorher mutig und bereit sind mit ihm ein Stück unseres Weges zu gehen.

    Als die Ente eines Tages bemerkt, dass der Tod schon länger hinter ihr her ist, kommen sie zunächst distanziert, dann feinfühlig ins Gespräch und gehen gemeinsam ein Stück des Weges. Die Ente bemerkt, dass sie den kleinen Tod eigentlich ganz nett findet und freundet sich mit ihm an. Sie sprechen darüber was nach dem Tod wohl kommen mag und, dass sie den Teich, in dem sie so gerne badet, bereits jetzt schon vermissen wird. Als der Ente plötzlich kalt wird, bittet sie den Tod sie zu wärmen – den Rest möchte ich hier nicht spoilern :).

    Der Autor Wolf Erlbruch hat ein Buch über das Sterben mit einer liebevoll optimistischen Grundstimmung geschrieben. Trotz überschaubar knapp gewähltem Text, reduzierten Bildern in hellen Naturfarben und einer so zart-unbeschwerten Tonalität wird es einem wirklich ganz warm ums Herz.

    Nicht ich habe dieses kleine bezaubernde Büchlein gefunden, sondern das Büchlein mich. Bei einem Seminar am südbayerischen Ammersee legte die Seminarleiterin einige Bücher aus, die sie ohne Gegenleistung an uns weitergeben wollte. Das vanillefarbene, minimalistisch illustrierte Buchcover zog mich sofort in seinen Bann.

     

    Mena Kost & Annette Boutellier – Ausleben

    Das Buch Ausleben von Mena Kost und Annette Boutellier liegt auf einer weißen Fläche in einem Licht-Schatten-Spiel

    Ausleben. Das Leben ohne Einschränkung genießen. Auskosten. Ungebunden leben, sich ungehemmt entfalten. Das ist die Definition des Wortes Ausleben.

    Wenn alte Menschen auf ihr Leben blicken gibt es verschiedene Blickwinkel. Doch wie fühlt es sich im hochbetagten Alter an nach vorne zu blicken? Auf das zu schauen, was noch kommt – die Herausforderungen, den Tod oder die Hoffnungen, die man hegt.

    In ihrem Buch “Ausleben” portraitiert die Baseler Autorin Mena Kost (*1980) 15 Frauen und Männer zwischen 83 und 111 Jahren. Alle von ihnen haben ihren letzten Lebensabschnitt vor sich, in dem es auch unter besten Umständen irgendwann heißen wird loszulassen.

    Trotz, dass die eigenen Kräfte nachlassen, sich das private Umfeld zunehmend reduziert und die körperlichen Gebrechen mehr werden, entwickeln manche Menschen im Buch zum Tod sogar ein freundschaftliches und unerschrockenes Verhältnis. Die schwere und leichte Gewissheit zugleich, dass irgendwann nicht mehr allzu viel Zeit bleibt, lässt den Leser vertraut hinspüren, wie es sich anfühlen kann, wenn der Tod nach einem langen, gelebten Leben anklopft.

    Ein sehr liebevolles Buch mit einem einfühlsamen, aber auch ehrlichen Blick, das klar anspricht, was ist. Das Buch war ein Zufallsfund in der Gebrauchtecke einer Buchhandlung. Es hat mich noch lange Zeit nach dem Lesen beschäftigt.

     

    Bronnie Ware – 5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen

    Das Buch 5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen von Bronnie Ware liegt auf einer weißen Fläche in einem Licht-Schatten-Spiel

    Lebenszeit ist ein Geschenk. Egal, ob wir ein kurzes oder langes Leben verbringen werden, die Art und Weise wie wir die Zeit zubringen, lässt uns Zufriedenheit oder Reue empfinden.

    Mit genau dieser Reue setzt sich die australische Autorin Bronnie Ware in ihrem Buch "5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen" intensiv auseinander. Sie blickt anschaulich und einfühlsam auf ihre Zeit als Sterbebegleiterin zurück und vermittelt uns Leser:innen anhand von fünf Versäumnissen, dass wir durchaus intuitiv unserem Herzen folgen dürfen, um auf unserem Sterbebett friedlich und ohne Reue auf unser Leben zurückblicken zu können.

    Nach einigen Jahren als Bankangestellte zog es sie in ein vagabundenähnliches Leben, in dem sie alleine reiste, in Pubs sang und bei verschiedenen Familien als Sterbebegleiterin tätig war. In dieser Zeit ist sie nicht nur dem Tod regelmäßig begegnet, ihre Patient:innen nannten auch immer und immer wieder dieselben Dinge. Diese Begegnungen und berührenden Gespräche, worauf es im Leben ankommt, haben die Autorin selbst sehr inspiriert.

    Dieses Buch lag damals recht lange auf meinem Lesestapel, bis ich wirklich anfing darin zu lesen. Schade eigentlich, sonst hätte ich vielleicht noch viel früher von der Sehnsucht nach den wichtigen Dingen  erfahren.

     

    Prof. Dr. Claudia Bausewein und Rainer Simader – 99 Fragen an den Tod

    Das Buch 99 Fragen an den Tod von Bausewein und Simader liegt auf einer weißen Fläche in einem Licht-Schatten-Spiel

    Im persönlichen Austausch stelle ich immer wieder fest, dass eine der Gründe der Berührungsangst mit dem Thema Tod und Sterben der ist, dass wir uns so unsicher fühlen, in dem was kommen mag. Wir schieben das Thema gekonnt beiseite und fürchten uns im gleichen Zug vor allen unbekannten Situationen. Ein Teufelskreis.

    In „99 Fragen an den Tod“ beantworten eine der führenden Palliativmedizinerinnen Deutschlands Prof. Dr. Claudia Bausewein und Rainer Simader 99 Fragen zum Thema Sterben, Tod und Trauer. Sie bringen sprichwörtlich Licht ins Dunkel: Wie kann ich mich auf das Sterben vorbereiten? Tut sterben weh? Darf ich als Sterbender weinen? Wie lange bleibt mir noch? Wie organisiert man ein Begräbnis? Kostet Hospiz- und Palliativunterstützung etwas? Und viele weitere Fragen mehr…

    Das Sachbuch gibt in einer wundervollen Bandbreite einfache und verständliche, auch handfeste sowie zum Nachdenken anregende Antworten auf die konkreten Fragen, die wir uns kaum laut auszusprechen trauen. Es macht Mut über das Thema nachzudenken und sich den Fragen zu stellen, die wir sonst beiseite schieben – nur weil wir nicht wissen, wer sie uns beantworten könnte.

    Kurz nachdem das Buch im Oktober 2020 erschien, war ich bei einer digitalen Lesung mit Prof. Dr. Claudia Bausewein und Rainer Simader bei der Evangelischen Stadtakademie München. Seither ist das Buch ein fester Bestandteil meiner Themenbibliothek im Arbeitszimmer, direkt neben meinem bequemen, grauen Lesesessel. Ich hab schon oft vor Besuchen bei meinen Begleitungen darin geblättert und kann mir jedes Mal gute Gedanken mit in meine Begleitungen nehmen.

    Die fünf vorgestellten Bücher liegen als Stapel auf dem Couchtisch, im Hintergrund unscharf eine graue Couch

    Also, schnapp dir deine kuschelige Lieblingsdecke und mach es dir gemütlich! Ich lade dich ein, dich mit mir auf eine literarische Reise in die Endlichkeit zu begeben. Du wirst sehen, wie erfüllend und bereichernd das Lesen über ein so bedeutsames Thema sein kann.

    Hast du weitere Buchtipps für mich?
    Sharing is caring – immer her damit!

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    Wie wir Weihnachten im Bewusstsein der Endlichkeit feiern und das Fest der Liebe zu einer Feier des Lebens werden kann

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    Werde ich sie noch einmal sehen? – meine Sterbebegleitung bei Frau K. (Teil 2)